AkG-Konferenz „Multiple Krise, faschistische Tendenzen, imperialistische Konflikte: Umbrüche im globalen Kapitalismus“ vom 11. bis 13. 09. 2025 in Wien
Wir erleben vielfältige globale Konflikte und geopolitische Verschiebungen der zentralen Machtblöcke und ihrer Verhandlungspositionen, beispielsweise das Zugehen der USA unter Trump auf Russland im Angriffskrieg auf die Ukraine; massive militärische Aufrüstung auf Kosten sozialer Errungenschaften; Angriffe auf Grundrechte und politische Verschiebungen zum Rechtsextremismus; die Zuspitzung der ökologischen und insbesondere der Klimakrise; neue, alte Debatten um Migration; Digitalisierung und Künstliche Intelligenz als disruptive technische Revolution. Multiple Krisen, Kriege und auf Dauer gestellte Gewaltverhältnisse prägen zunehmend das gesellschaftliche Zusammenleben. Wie organisieren sich kritisch-emanzipatorische Kräfte angesichts dieser Gemengelage, tauschen sich aus und erheben ihre Stimme? Als Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung ist es uns ein Anliegen, Raum für wissenschaftliche Debatten und Austausch zu bieten. Als Vorbereitungsgruppe der AkG-Konferenz möchten wir diesen Raum in Form von Workshops zu einer Vielfalt an Themen ermöglichen.
Ort: Wien, Aula, altes AKH sowie Räume im AAKH
Vorläufiges Programm AkG-Tagung, 11.-13. September 2025 siehe unten
Programm (vorläufig)
Vorläufiges Programm AkG-Tagung,
11.-13. September 2025
Donnerstag 11.9.
18:00-20:00 Eröffnungspanel
Das neue Gesicht des Autoritarismus. Faschisierung, Rollback, Gegenkräfte?
Gegenwärtig sind in vielen Gesellschaften Prozesse eines Regimewechsels, einer autoritären Formierung oder Faschisierung zu beobachten. Wir wollen die Prozesse an ausgewählten Beispielen näher erörtern, vergleichen und diskutieren, welche Ursachen und Folgen sie haben. Wie sind die aktuellen Umbrüche zu begreifen, welche Begriffe sind angemessen? Welche internationalen Zusammenhänge bestehen zwischen den Entwicklungen in den verschiedenen Ländern? Wie ist das Verhältnis von Kontinuitäten und Brüchen? Inwieweit handelt es sich um einen Rollback früherer Liberalisierungs- und Demokratisierungsprozesse? Welche Widersprüche kennzeichnen die Entwicklungen? Welche Gegenkräfte existieren und welche Strategien verfolgen sie?
Mit Beiträgen von:
- Melehat Kutun
- Dorothee Bohle (tbc)
- Benjamin Opratko
- Margit Mayer
Moderation: Katharina Hayek , Alke Jenss
Freitag,12.9.
9:00-12:00 Uhr
AkG Intern: Rolle kritischer Wissenschaft; Rolle und Perspektiven für die AkG
– für AkG Mitglieder -
Aula der Uni Wien im Alten AKH (Campus)
12:00-13:30 Mittagspause
13:30 - 15:30 Uhr Mitgliederversammlung, Aula der Uni Wien im Alten AKH (Campus)
Ab 16:00-18:00 Workshops und Arbeitsgruppen
Workshop 1: Weg vom Bias für Quantifizierung und Mainstream. Bewertungskriterien für Wissenschaft verändern
Lisa Bohunovsky (BOKU Wien), Ulrich Brand (Uni Wien), Katrin Brugger (Uni Graz), Christina Plank (BOKU Wien)
Es gibt einige Initiativen, etwa von der Coalition for Advancing Research Assessments (CoARA), die Bewertungskriterien für Wissenschaft weg von den quantifizierenden Kriterien mit ihrem Bias für Mainstream-Wissenschaft zu verändern. Das ist gerade für kritische, interdisziplinäre und transformative Wissenschaft sehr wichtig. Die AG Sozial-ökologische Transformation des Climate Change Centre Austria hat dazu Workshops organisiert und einen kollektiven Text erarbeitet, der bei dem Workshop zur Diskussion gestellt wird. Es sollen aber auch die Erfahrungen der Teilnehmenden eingebracht werden.
Workshop 2: Leerstellen materialistischer Staatstheorie: Die Rolle von Verwaltung und Parteien“
Sprecher:innen: Stefan Hohn (Universität Kassel)
Johannes Gerken (Universität Magdeburg)
Robin Lenz (Universität Kassel)
Kommentar: Sarah Schulz (Universität Kassel)
Moderation: Jana Faber (Universität Kassel)
Sprache: Deutsch
Sowohl Verwaltung als auch Parteien werden in der materialistischen Staatstheorie kaum systematisch analysiert und theoretisiert, obwohl sie zentrale Bestandteile moderner bürgerlicher Staatlichkeit sind. Als „Innenleben des Staates“ ist die öffentliche Verwaltung Träger der Staatsapparate, in die sich – der berühmten Formulierung von Poulantzas zufolge – Kräfteverhältnisse einschreiben. Ohne ein Verständnis der öffentlichen Verwaltung und ihrer Eigenlogiken bleibt folglich die spezifische Materialität des Staates unterbeleuchtet. Dies ist nicht weniger relevant für ein umfassendes theoretisches Verständnis der sich multiskalar verdichtenden EU-Staatlichkeit, die auf einer intensiven Kooperation und Vernetzung genuin europäischer mit mitgliedstaatlichen Verwaltungsapparaten beruht. Ähnlich verhält es sich mit den politischen Parteien: Ein großer Teil der materiellen Verdichtung sozialer Kräfteverhältnisse im Staat erfolgt über den Umweg der Parteien. Dabei ist auch ihre spezifische Eigenlogik – der Parteienwettbewerb, die Reziprozität seines Verhältnisses zur bestehenden Materialität des Staates und nicht zuletzt die analytische Herangehensweise an seine Bestandteile (Sind Parteien Staatsapparate oder gesellschaftliche Organisationen?) – bislang nicht ausreichend theoretisch erfasst.
Der Workshop möchte sich diesen Leerstellen materialistischer Staatstheorie widmen und diskutieren, welchen Beitrag die Analyse von Parteienwettbewerb und Verwaltung zu einer kritischen Theorie des Staates und von Staatlichkeit sowie zu einer daran anknüpfenden politischen Praxis leisten kann.
Workshop 3: Arbeitskreis politische Ökologie
Organisation: Jenny Simon
Internes Treffen der Mitglieder des Arbeitskreises
Workshop 4: Israel/Palästina, Antisemitismus, Rassismus und Staatsräson (Teil 1)
Die Region des Nahen Ostens hat im Ausgang des Massakers vom 7. Oktober und eines mit völkerrechtswidrigen Mitteln geführten Krieges, der mit guten Gründen auch als genozidal bezeichnet werden kann, eine geopolitische Umgestaltung erfahren. Während die iranische Achse durch den Zerfall des Assad Regimes und der militärischen Schwächung der Hezbollah enorm beschädigt wurde, konnte die extreme Rechte in Israel ihre Machtstellung festigen und ausbauen. Die gegenwärtige Zerstörung des Gazastreifens, das völlige Fehlen politischer Lösungsansätze für den zugrundeliegenden Israel-Palästina-Konflikt und die damit verbundenen Themen der deutschen Staatsräson, des (Anti-)Antisemitismus und des Rassismus fordern die gesellschaftskritische Forschung auf mehreren Ebenen heraus. Dies betrifft unter anderem die Analyse der regionalen Geschehnisse und der politischen Verhältnisse in Israel/Palästina; es betrifft die Frage nach der Bestimmung des Antisemitismus, seiner Ursachen und Bekämpfung; die Frage, wie diese Bekämpfung zur Produktion von Rassismus, zur autoritären Formierung und der deutschen Staatsräson vermittelt ist. Die Workshopreihe will entlang thematischer Schwerpunkte eine Diskussion über die gesellschaftskritische Bearbeitung dieser Fragen anregen.
Referent:
Michael Elm: Autoritarismus im Nahen Osten. Konfliktlinien und Kräfteverhältnisse in Israel und Palästina nach dem 7. Oktober und Gazakrieg Moderation: Katharina Pühl
Peter Ullrich: Theorie und Empirie des Antisemitismus heute (Referat + Diskussion, Moderation: Julika Bürgin (angefragt)
Workshop 5: Reclaim the Authoritarian City
Organisation: Alke Jenss (Arnold-Bergstraesser-Institut, Freiburg)
Dieser Workshop soll dazu dienen, Stadtentwicklungsprojekte, die kritische Räume weiter einschränken, in verschiedenen Städten und deren Akteure zu „mappen“.
Wir alle kennen die neoliberale Stadt. Hier leben wir, bewegen uns und gehen Beziehungen ein. Wir wohnen in Häusern, deren Eigentümer Immobilienfonds mit schwer aufspürbaren Adressen sind und deren Mieten kontinuierlich steigen. Städte werden zunehmend zu wettbewerbsorientierten Einheiten in einer globalen Ökonomie. Kommunen verschulden sich am Kapitalmarkt und geben sogenannte "grüne" und "soziale" Bonds aus, um 'nachhaltige' Projekte zu finanzieren. Zugleich scheinen repressive Antworten auf
Ein kurzer Input (10 min) zu autoritär-neoliberaler Stadtentwicklung wird einen Rahmen bieten; danach tauschen wir uns über verschiedene Stadtentwicklungsprozesse aus. Bei diesem Workshop steht die Reflexion über Prozesse um uns herum und die konkrete Erstellung mehrerer Karten oder mappings im Vordergrund.
18:30 - 20:00 öffentliches Podium 2: Was tun? Antifaschismus im 21. Jahrhundert
Aula der Uni Wien im Alten AKH (Campus)
Vanessa Thompson (angefragt)
Simon Strick (zugesagt)
Moderation: Dana Lüddemann / Niki Kubaczek
Workshop 23: Multipolarität und die EU
Organisation: Johannes Jäger und Joachim Becker
Im ersten Teil geht es um die Verschiebungen in der Internationalen Ordnung und konfligierende Vorstellung künftiger internationaler Grundprinzipien: Nordzentrierter Ordnung ohne friedliche Koexistenz (USA, Großteil der EU), multipolare Ordnung ohne friedliche Koexistenz (Russland, Türkei, Saudi-Arabien,…), multipolare Ordnung mit friedlicher Koexistenz und dem Recht auf aktive Blockfreiheit. In Anknüpfung an die Vorstellungen der Blockfreienbewegung in den 1960er und 1970er Jahren, sollen speziell Möglichkeiten der dritten Option diskutiert werden.
Samstag 13.9.
9-12 Uhr Workshops und Arbeitsgruppen
Workshop 6: Kritisch-materialistische Perspektiven auf die aktuelle europäische Migrationspolitik
John Kannankulam, Fabian Georgi, Marie Hoffmann
Moderation: John Kannankulam
Referierende: Marie Hoffmann, Fabian Georgi, Marc Speer (tbc)
Institutionen: Philipps-Universität Marburg und Universität Kassel/Global Labour University
Sprache: Deutsch
Die restriktive Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), die im Juni 2026 in Kraft treten soll, befindet sich zurzeit noch in der Implementierung. Ihre Wirkung bleibt ungewiss. Denn trotz dieser ‚großen Lösung‘ der langjährigen Krise des EU-Grenzregimes und sinkender Ankunftszahlen Asylsuchender untergraben einige Mitgliedsstaaten bereits jetzt den mühsam gefundenen Kompromiss, indem sie grenzpolitische Repression jenseits des Rechtsstaats realisieren: Deutsche Behörden weisen Schutzsuchende an den Grenzen zurück, Polen nimmt Asylgesuche an der belarussischen Grenze gar nicht mehr an und Italien versucht gegen juristischen Widerstand, seine Asylverfahren nach Albanien auszulagern. Dies gefährdet Schengenraum und Binnenmarkt, Kerne der neoliberalen Konfiguration der EU. Diese Dynamiken vollziehen sich als Teil und vor dem Hintergrund einer globalen Vielfachkrise, artikuliert u.a. in geopolitischen Verwerfungen, strukturellen ökonomischen Krisen und der Erosion neoliberaler Hegemonie samt Autoritarisierungs-/Faschisierungsprozessen.
Wie kommt es zu diesen migrationspolitischen Verschiebungen? Welche Auswirkungen haben sie auf das EU-Staatsapparate-Ensemble? Was bedeuten sie für die aktuelle Konstellation des Kräfteverhältnisses? Der Workshop stellt kritisch-materialistische Erklärungsansätze aus der Staats- und Gesellschaftstheorie sowie der kritischen Migrationsregimeforschung zur Debatte.
Workshop 7: Umkämpfte Debatten? Geopolitische (Un-)Ordnungen und geoökonomische Konkurrenzen begreifen
Organisation: Hans-Jürgen Bieling, Tobias Boos, Kristina Dietz, Felix Dorn, Gabriel Eyselein, Carolin Hirt, Niklas Holzhauer, Valerie Lenikus, Oliver Prausmüller, Jakob Scherrer, Lina Schmid, Etienne Schneider
In unserem Workshop wollen wir die aktuellen geopolitischen (Un-)Ordnungen und geoökonomischen Konkurrenzen nicht nur beschreiben, sondern sie kritisch hinterfragen und aus einer breiten, interdisziplinären Perspektive konzeptuell und theoretisch fassen. Ziel ist es, eine differenzierte Analyse anzubieten, die sich nicht in den gängigen, oft vereinfachten Erklärungen geopolitischer Dynamiken verliert, sondern alternative Perspektiven aufzeigt. Wir wollen bestehende geopolitische und geoökonomische Narrative herausfordern und durch eine kritische Reflexion der Begriffe und Annahmen, die diese prägen, neue Denkansätze entwickeln. Der Workshop setzt an der Frage an, wie wir strukturelle Macht in der globalen politischen Ökonomie besser begreifen können, welche Dynamiken sich in aktuellen Feldern der Auseinandersetzung zeigen, sowie welche Akteur_innen und Prozesse bisher zu wenig beachtet geblieben sind. Dabei betrachten wir sowohl Kontinuitäten als auch Brüche in der geopolitischen Ordnung und schlagen vor, Krisen und Umbrüche nicht isoliert, sondern als miteinander verschränkte Prozesse zu denken. Wir möchten insbesondere auch den Rahmen des neorealistisch und liberal geprägten Debattenfelds der Internationalen Beziehungen (IB) sowie Internationalen Politischen Ökonomie (IPÖ) hinterfragen und öffnen den Raum für kritische Perspektiven und Forschungsarbeiten, die neue analytische Kategorien und Begriffe entwickeln – sei es durch den transnationalen Historischen Materialismus, eine feministische Geopolitik oder andere alternative Ansätze, die das Geopolitische und Geoökonomische als ein komplexes Zusammenspiel von Macht, Ideologie und sozialen Prozessen begreifen.
Workshop 8: Arbeitskreis politische Ökologie
Organisation: Jenny Simon
Workshop 9: Israel/Palästina, Antisemitismus, Rassismus und Staatsräson (Teil 2 und 3)
Referent*innen:
9:00-10:30 - Bue Rübner Hansen: “Why I didn't want to speak today”. Reflections on the temptations of silence, and what we are really silent about, when we stay silent about the German state's complicity in genocide. Moderation: Michael Elm
10:30-12:00 - Errol Babacan und Laura Höh: Zum Verhältnis von Gesellschaftskritik, Herrschaftsaffirmation und Rassismusproduktion in der Antisemitismuskritik. Moderation: Kai Koddenbrock
Workshop 10: Einführung in die historisch-materialistische Politikanalyse
9:00-10:30 -
Organisation: Ulrich Brand, John Kannankulam
Workshop 11: How to do (?) materialistisches Forschungsdesign: relationale Vergleiche,
Regimeanalysen und Relational Policy Field Analysis
Organisation: Anne Engelhardt, Janika Kuge und Anil Shah
Während unserer Forschungsarbeiten sind wir immer wieder über die Frage gestolpert, wie wir unsere Erhebungen jenseits von positivistischer Logik und reduktionistischen Systembaukästen analysieren. Bisher gibt es insbesondere im deutschsprachigen Raum außer der HMPA wenige methodische Anknüpfungspunkte für kritische uns marxistisch-feministische Wissenschaftler*innen, wenn es darum geht, zu vergleichen, zu ordnen, das Feld zu eruieren oder Qualitätskriterien für die eigene Forschung zu entwickeln. In diesem Workshop wollen wir mit euch darüber ins Gespräch kommen, wie es uns in unseren drei Arbeiten gelungen ist, ein kritisch-materialistisches Forschungsdesign anzulegen und bis zum Schluss zu verfolgen. Der Schwerpunkt liegt für uns dabei zum einen auf der Methode des "relationalen und eingebetteten Vergleichs" (Gallas 2023; Hart 2018; McMichael 1990), der materialistischen Regimeanalysen und zum anderen auf der Relational Policy Field Analysis (Kuge 2024; 2025).
Dieser Workshop richtet sich an alle, die selbst noch in der Such- und Findungsphase sind, als auch alle, die sich gerne über kritische und reflexive Methoden austauschen.
12:00-13:30 Mittagspause
13:30-15:30 Uhr Workshops und Arbeitsgruppen
Workshop 12: Subterranean Trumpism? Zunehmende Konvergenzen ökonomischer, politischer und kultureller Herrschaft in der gegenwärtigen Konjunktur
Organisation: Alexander Gallas (Frankfurt University of Applied Sciences), Moritz Ege (Universität Zürich), Ak Konjunkturanalyse
Im deutschsprachigen Raum und anderen Teilen Europas zeigen sich politische Handlungsmuster, die an das Trump-Regime erinnern, und das nicht nur bei rechten beziehungsweisen konservativen Kräften. Schon ein oberflächlicher Blick auf die gegenwärtigen ökonomischen, politischen und kulturellen Auseinandersetzungen weist darauf hin, dass Politikmodus ein wichtiger politischer Faktor ist, der möglicherweise als ‚subterranean Trumpism‘ bezeichnet werden kann, also als eher ‚leise‘ Übernahme von Elementen der Strategie des Trump-Regimes. So wird beschworen, dass eine vermeintlich überbordende Bürokratie mit der ‚Kettensäge‘ traktiert werden muss; umfangreiche Sparmaßnahmen bei Sozialleistungen stehen Steuererleichterungen für Unternehmen und Topverdiener:innen und eine massive Mobilisierung staatlicher Mittel zur Steigerung der Rüstungsausgaben gegenüber; einem imaginierten, vermeintlich durch Migration hervorgerufener Notstand soll mit massenhaften Abschiebungen und Abschottung begegnet werden, die man medial als grausame Spektakel inszeniert; parlamentarische Aushandlungsprozesse werden bei der Durchsetzung von politischen Entscheidungen umgangen; ein „autoritärer Anti-Antisemitismus“ (Ullrich) wird bemüht, um Menschen das Aufenthaltsrecht zu entziehen, die gegen das israelische Vorgehen in Gaza protestieren; geschlechtersensible Sprache wird per Verordnung für unzulässig erklärt; Journalist:innen aus bürgerlichen Milieus erklären ‚Wokeness‘ zum Hauptproblem gegenwärtiger Gesellschaften.
Aber was bedeutet für die Organisation von gesellschaftlicher Herrschaft in der gegenwärtigen Konjunktur? Wichtige Stränge der materialistischen Staatstheorie haben betont, dass es im Kapitalismus zu einer tendenziellen Trennung ökonomischer, politscher und kultureller Herrschaft kommt. Steht das in Frage, wenn Superreiche politische Führungspositionen übernehmen und mit Hilfe von Medienplattformen die Bedeutungsproduktion und -zirkulation dominieren und kontrollieren? Kommt es auch in Europa zu Prozessen der ‚State Capture‘, wie sie im globalen Süden schon lange beobachtet werden? Was bedeutet es, wenn Auseinandersetzungen um die Verteilung materieller Ressourcen in den Hintergrund treten und stattdessen erbittert ‚Culture Wars‘ ausgefochten werden? Befinden wir uns inmitten eines Faschisierungsprozesses?
Diesen und anderen Fragen wollen wir uns mit Hilfe eines begrifflichen Instrumentariums nähern, das aus der Tradition materialistischer Gesellschaftstheorie stammt: Der Konjunkturanalyse, für die Namen wie Nicos Poulantzas und Stuart Hall stehen, und der bei der Untersuchung des Politischen stets auch ökonomische und kulturelle Prozesse betrachtet. In unserem Workshop möchten wir prüfen, ob dieser Ansatz nach wie vor dazu geeignet ist, den ‚gegenwärtigen Moment‘ (Poulantzas) einzufangen, und wo er erweitert und verändert werden muss. Und wir möchten uns mit Hilfe konjunkturanalytischer Vorgehensweisen der Gegenwartsdiagnose widmen – auch um die Dilemmata, Möglichkeiten und Grenzen politischer Interventionen von links zu bestimmen.
Olga Reznikova (Universität Innsbruck): „Ein Land, in dem der Faschismus gesiegt hat“: Wie der russische Krieg seit zehn Jahren die Rechten weltweit internationalisiert und radikalisiert
Alexander Gallas (Frankfurt University of Applied Sciences): Subterranean Trumpism: The Great Moving Right Shows in Britain and Germany
Niklas Holzhauer (Universität Nijmegen/Universität Roskilde): Camouflage ist das neue Grün: Wie die Deregulierung der Kapitalmarktunion und die Finanzierung der neuen Aufrüstungsagenda die europäische Nachhaltigkeitspolitik vereinnahmen
Stefan Wellgraf (Humboldt Universität Berlin): Straßengewalt. Proud Boys, Hooligans und Active Clubs in der gegenwärtigen Konjunktur
Moderation: Maximilian Jablonowski (Universität Wien)
Workshop 13: Das Recht als Kampfplatz: Drei Fallstudien zur empirischen Untersuchung von Rechtskämpfen
Sonja Buckel, Universität Kassel: Ansatz der Rechtskämpfe
Carolina A. Vestena, Universität Kassel: Rechtskämpfe in Lieferketten
Jana Faber, Universität Kassel: Rechtskämpfe um Feminizide
Maximilian Pichl, Hochschule RheinMain: Rechtskämpfe und Klimaklagen
Moderation: Robin Lenz, Universität Kassel
Workshop-Sprache: Deutsch
Das Recht ist ein eigenlogisches Kampfterrain, in dem gesellschaftliche Widersprüche und politische Interessen auf spezifische Weise prozessiert werden. Mit dem Konzept der „Rechtskämpfe“ (Pichl 2021; Buckel et al. 2024) schlagen wir ein gesellschaftstheoretisches Verständnis dieser Kämpfe im Recht und um das Recht vor. In der empirischen Untersuchung von Rechtskämpfen nehmen wir daher nicht nur Gerichtsverfahren und die juristischen Fachdebatten im engeren Sinne in den Blick, sondern darüber hinaus den gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Kontext, die relevanten Akteur*innen und deren Strategien sowie die Effekte der rechtlichen und politischen Auseinandersetzungen. Anhand von drei unterschiedlichen Fallstudien - Rechtskämpfe in Lieferketten, Rechtskämpfe um Feminizide und Rechtskämpfe und Klimaklagen – stellen wir das Konzept der Rechtkämpfe auf der AkG-Tagung vor. Wir wollen unter anderen zeigen, dass politische Auseinandersetzungen mit dem Inkrafttreten von Gesetzen keineswegs zum Stillstand kommen, sondern lediglich das Terrain wechseln. Denn dabei entstehen neue Kämpfe um die Auslegung und Umsetzung rechtlicher Normen sowie neue politischen Prozesse, die rechtliche und politische Praxis beeinflussen.
Workshop 14: Transformation, klimapolitischer backlash und die politische Ökonomie von techno fixes
Panelorganisation: Alina Brad (Universität Wien), Tobias Haas (Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit, Potsdam), Sarah Hackfort (Technopolis GmbH und Expertenrat für Klimafragen; HU Berlin), Etienne Schneider (Universität Wien), Jenny Simon (Europa-Universität Flensburg, Hochschule für Wirtschaft & Recht Berlin)
Während sich die ökologische Krise immer weiter vertieft, formiert sich in weiten Teilen der EU und darüber hinaus ein klimapolitischer backlash, getragen von einer erstarkenden, in Teilen offen faschistischen Rechten und eine von Kapitalseite vorangetriebene Deregulierungsagenda. In diesem Workshop möchten wir die vielfältigen Ursachen, Prozesse und polit-ökonomischen Konflikt- und Interessenkonstellationen hinter dem viel zitierten "klimapolitischen backlash" diskutieren und Implikationen für die kritische sozial-ökologische Transformationsforschung ausloten. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auch auf der Frage liegen, welche neuen Transformationskonflikte sich angesichts des Überschreitens der Pariser Klimaziele ('overshoot') und der zunehmenden Bedeutung von climate engineering (so genannte 'neue' carbon dioxide removal-Ansätze, solares Strahlungsmanagement) und anderer Technologien wie Wasserstoff und CCS abzeichnen.
Workshop 15: Politics and Platformisation of Work: Perspectives from the Global South
Language: English
Moderator: Firoozeh Farvardin (University of Vienna)
Co-ordinators:
Fathima Nizaruddin (University of Passau, Germany)
Gustavo Robles (University of Passau, Germany)
This workshop aims to examine the impact of the platformization of work on our current political crisis. Our premise is that the platformisation of work encompasses pivotal ideological and techno-political dimensions for understanding the global rise of political authoritarianism. In India, precarious workers within the digital creator economy often contribute to hate speech circulations that aid the country’s right-wing government. In Argentina, food delivery workers are, in the public opinion, credited with being the driving force behind Javier Milei's electoral victory. These phenomena reveal a complex relationship between platform capitalism, work, and politics that is crucial to understanding the so-called “crisis of democracy.” In this workshop, we will discuss the following questions. Which experiences and work identities under platform capitalism contribute to the acceptance of authoritarian neoliberalism? Which particularities do they have in countries from the Global South marked by deep economic inequalities, ethnic divisions, as well as empowering processes?
Workshop 16: antirassistische Kämpfe und Allianzen
Organisation: Niki Kubaczek und Ilker Ataç
15:45-17:45 Uhr Workshops und Arbeitsgruppen
Workshop 17: Organising gegen Rechts? Betriebliche Kämpfe, Rassismus, Faschisierung - Eine Bestandsaufnahme
Organisation: Ak Arbeitskämpfe der AkG
Mit Kurzinputs von Laura Bäumel (Uni Zürich), Georg Barthel (Universität Duisburg-Essen) und Stefanie Hürtgen (Uni Salzburg), moderiert von Alexander Gallas (Frankfurt UAS).
Weltweit ereignen sich derzeit Faschisierungsprozesse und die Formierung rechtsautoritärer, politischer Blöcke. Gleichzeitig ist es in vielen Ländern - darunter auch in solchen, in denen es lange Zeit eher ruhig zugegangen ist - zu großen Streiks und Arbeitskämpfen gekommen. Beispiele sind die Arbeitsniederlegungen bei der Bahn und im öffentlichen Dienst in Deutschland, der Arbeitskampf bei Tesla in Schweden oder der große Streik in der US-amerikanischen Autoindustrie. Oft geht die Wiederbelebung der Kämpfe auf Organizingkonzepte und basisorientierte Gewerkschaftsarbeit zurück. Wir möchten diskutieren, ob und inwiefern die Wiederbelebung von Kämpfen in den Betrieben dazu beitragen kann, die politische Rechtsverschiebung zu stoppen, und welche Hindernisse dem auf betrieblicher, gewerkschaftlicher, zivilgesellschaftlicher und politischer Ebene entgegen stehen. Hierbei schauen wir uns unterschiedliche Räume/Regionen an, insbesondere auch Ostdeutschland und die Steiermark.
Workshop 18: Unbedingte Solidarität
Organisation: Lea Susemichel, Jens Kastner
Solidarität ist die Herausforderung der Stunde. Von allen Seiten wird eine „Gesellschaft der Singularitäten“ (Reckwitz) beklagt, die nicht alleine durch neoliberale Entsolidarisierungsprozesse und die Erosion von Solidargemeinschaften entsteht, sondern sich auch in einer Fragmentierung linker sozialer Bewegungen niederschlägt. „Identitätspolitik“ ist ein gegenwärtig vielstrapaziertes Schlagwort, das die fehlende Geschlossenheit innerhalb der Linken erklären soll. Doch was dabei als spaltender Partikularismus kritisiert wird, ist vielmehr eine zentrale demokratiepolitische Errungenschaft. Schließlich war und ist der Einspruch von Marginalisierten der entscheidende Motor für kulturelle Anerkennung und soziale Gerechtigkeit.
Die entscheidende Frage ist also, ob Solidarität auch ohne geteilte Erfahrungen und womöglich auch ohne geteilte Interessen möglich ist. Gibt es eine solidarische Reziprozität trotz Antagonismen und struktureller Hierarchien, die keine paternalistische Parteinahme ist, sondern auf einer „groundless solidarity“ (Diane Elam) fußt? Wie kann eine radikale Solidarität unter Ungleichen aussehen, die geradezu auf Differenzen basiert? Die davon ausgeht, dass es nicht geteilte – ökonomische, kulturelle, politische – Grundlagen gibt und dass dieses Trennende temporär überwunden werden kann. Und die nicht in erster Linie in der Parteinahme für die Gleichen und Ähnlichen besteht, sondern darin, sich mit Menschen zu solidarisieren, mit denen man gerade nicht die Fabrik und das Milieu, das Geschlecht oder die ethnische Zuschreibung teilt, wie sie exemplarisch bei „Lesbians and Gays Support the Miners“ zum Ausdruck kam, als sich die Queer Community mit streikenden Bergarbeitern solidarisierte. Eine Solidarität der Differenz, wie wir sie verstehen, vermeidet nicht nur die Fallstricke exklusiver Solidaritätsmodelle, sie ist angesichts gegenwärtiger Herausforderungen auch eine praktisch politische Notwendigkeit.
Solidarität ist sicherlich einer der schillerndsten Begriffe in der politischen Theorie und Praxis. Nicht nur in der politischen Linken ist sie ständiger Bezugspunkt, auch in der soziologischen und der politischen Theorie gehört Solidarität seit Emile Durkheim und Pjotr Kropotkin (mehr oder weniger) zum Standardvokabular. Dabei ist alles andere als eindeutig, was mit dem Wort gemeint ist und trotz seiner immensen symbolischen Signifikanz bleibt der Begriff erstaunlich untertheoretisiert.
Solidarität kann individuelles Verhalten ebenso beschreiben wie massenhafte Aktion, sie kann spontane Praxis genauso meinen wie einen dauerhaften sozialen Zusammenhalt. Sie wird als anthropologische Konstante, als etwas allen Angeborenes ebenso begriffen wie als Kampfbegriff, dessen Umsetzung in der Wirklichkeit stets angemahnt und eingefordert werden muss. Solidarität kann institutionalisierte Umverteilungsmaßnahmen beschreiben, sie kann aber auch alltägliche, von Empathie oder moralischer Überzeugung getragene Handlungen ohne jeden institutionellen Rahmen meinen. Als „Zärtlichkeit der Völker“ beschreibt sie eine in erster Linie emotionale Angelegenheit, in der sozialstaatlichen Solidargemeinschaft ist sie hingegen eine rationale Sache von Pflicht und Kalkül.
In der Geschichte der Linken, in den feministischen und antirassistischen Bewegungen, ist Solidarität ein Schlüsselkonzept: Schon Marx stellte sein Werk unter den Anspruch daran zu arbeiten, „unter allen Arbeitern diese für die Zukunft so fruchtbringende Solidarität zu begründen“. Solidarität war theoretischer Angelpunkt der Organisierungsfrage und äußerte sich praktisch in alltäglichen Zusammenschlüssen (Arbeiter*innenvereine, Frauenbildung, etc.) ebenso wie in transnationalen Kampagnen (Sacco und Vanzetti, Spanischer Bürgerkrieg, etc.). Um 1968 entstand ein neuer Zyklus solidarischer Praxis, es entwickelten sich die Solidaritätsbewegungen mit Kämpfen im globalen Süden (Vietnam, Kuba, Chile, Nicaragua etc.). Während immer auch die potenziellen Projektionen und die Tendenz zum Paternalismus in der Kritik standen, entwickelten sich insbesondere im Anschluss an den zapatistischen Aufstand von 1994 neue Formen inter- bzw. transnationaler Solidarität.
Mit der Durchsetzung des Neoliberalismus und den vielgestaltigen Angriffen auf das Sozialstaatsmodell (auch seitens der Sozialdemokratie) haben sich die politischen Kontexte für Solidarität verschlechtert. Der globale Aufstieg des rechten Nationalismus ist auch als Gegenbewegung zu solidarischen Modellen von Gesellschaft zu begreifen, auch wenn er selbst solidarische Zugehörigkeitsnarrative bedient.
Trotz dieser Entwicklungen gibt es auch in den letzten Jahren eine Vielzahl neuer Formen von nicht-institutionalisierter Solidarität: Die spontane Hilfe für Refugees im „Sommer der Migration“ 2015 wäre dafür ein Beispiel, die Seenotrettung von Sea Watch u.a., aber auch solidarischer Handel, das Netzwerk solidarischer Städte, u.v.a. Zugleich werden auch „Hierarchien der Solidarität“ (Moshtari Hilal/ Suínthujan Varatharajah) beklagt, die auf die Fallstricke solidarischer Praxis in der Gegenwart abheben.
Lea Susemichel (*1976) studierte Philosophie und Gender Studies in Wien. Als Journalistin, Lehrbeauftragte und Vortragende arbeitet sie zu den Themen feministische Theorie & Bewegung und feministische Medienarbeit. Seit 2006 ist sie leitende Redakteurin des feministischen Magazins an.schläge.
Jens Kastner (*1970), PD Dr. phil. habil., ist Soziologe und Kunsthistoriker und lebt in Wien. Er ist Senior Lecturer am Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften der Akademie der bildenden Künste Wien und schreibt für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften über zeitgenössische Kunst, soziale Bewegungen und Kulturtheorien. www.jenspetzkastner.de
Gemeinsam erschien von ihnen:
Identitätspolitiken. Konzepte und Kritiken in Geschichte und Gegenwart der Linken(2018)
https://unrast-verlag.de/neuerscheinungen/identitaetspolitiken-detail
und
Unbedingte Solidarität (2021)
https://unrast-verlag.de/produkt/unbedingte-solidaritaet/
Workshop 19: Fears, utopias, collective care work - feminist movements in the context of authoritarianism
With Firoozeh Farvadin (Uni Wien), Julia Sachseder (CEU Wien), Alke Jenss (ABI Freiburg).
The global right is successfully building on fears and insecurities that have emerged over decades of liberal economics. The results are dystopian tech fantasies and demands for authoritarian practices. What opposes this? Feminist movements around the world currently seem to be the most successful at defending spaces they have fought for. A politics of care work ideally combines resistance, emancipatory utopias and what is necessary for survival. What does this joint care work of feminist movements look like? What possibilities are there to join forces in the context of authoritarian practices or armed conflicts?
In this workshop, we will discuss examples of feminist organising from Iran, Colombia and Argentina. The Jina mobilisations in Iran, for example, did not come out of nowhere, but are based on many years of organising care networks. In Colombia, it was community street kitchens that kept mobilisations alive for months in many cities in 2021, but they were also able to draw on networks that had been tried and tested in the armed conflict. In Argentina, President Milei even withdrew state funding from soup kitchens. In Germany, the soon-to-be governing CDU enquires about the finances of organizations like “Grandmas against the Far-Right”. The politics of care thus has a clear material side: survival spaces become spaces of resistance because they create collectivity and political subjectivity, because they connect people and possibly make them politically visible.
This workshop is planned in English. We will work with images, video and audio material.
Workshop 20: Materialistischer Booklaunch: Anne Engelhardt, Janika Kuge und Anil Shah präsentieren ihre Forschungsergebnisse
Sprache: Deutsch
Moderatorin: Alke Jenss (tbc)
Engelhardt, Anne* (2025): Logistical Chokepoints, Precarious Work, and Social Reproduction. Labour Conflicts and the Metabolic Rift in Ports and Airports in Brazil and Portugal. Opladen/Toronto: Verlag Barbara Budrich.
Warum sind die Arbeitsbedingungen an Chokepoints trotz ihrer „logistischen Macht” nach wie vor überwiegend prekär? Um dieser Frage nachzugehen, kombiniert Anne Engelhardt Konzepte der sozialen Reproduktion und des metabolischen Risses. Ziel ist es, den arbeitenden Körper als Struktur und Akteur im Stoffwechsel zwischen Produktion und Reproduktion zu begreifen. Mithilfe der materialistischen Staatstheorie werden darüber hinaus verschiedene Staatsapparate bei der Regulierung und bei den Kämpfen um Gesundheitsschutz an den Häfen und Flughäfen in Brasilien und Portugal einbezogen.
*Dr. Anne Engelhardt ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Methoden und Methodologische Grundlagen der Sozialwissenschaften an der Universität Göttingen
Janika Kuge** (2025): Bleiberecht jenseits des Nationalstaats. Kämpfe um Sanctuary Policy in den USA. Münster: Westfälisches Dampfboot
In den USA leben und arbeiten Millionen Menschen ohne legale Papiere und gelten als "undokumentiert". Auch jenseits der antimigrantischen Hetze Trumps und anderer Hardliner sind diese Menschen Gegenstand vielfältiger politischer Aushandlungsprozesse auf allen staatlichen Ebenen. Besonders populär ist dabei die Strategie der Sanctuary Policies. Janika Kuge untersucht in ihrer Studie, unter welchen Umständen solche Policies ent- und bestehen können und welche Auswirkungen sie haben. Darüber hinaus beleuchtet sie mögliche Folgen für das Bleiberecht sowie das staatliche Verständnis von Migration und Migrationspolitik in den USA.
**Dr. Janika Kuge ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Humangeographie an der Goethe-Universität Frankfurt
Shah, Anil*** (2025): The Violence of Financial Inclusion. Chronic Indebtedness as Class Oppression in Modern India. Bielefeld: transcript.
Der Großteil der indischen Arbeiter:innenklasse erlebt eine strukturelle Krise der sozialen Reproduktion, in der chronische Verschuldung zu einem notwendigen (Über-)Lebensmittel wird. Die Verbreitung kommerzieller Mikrokredite und anderer Finanzdienstleistungen für Haushalte mit niedrigem Einkommen wird oft als Allheilmittel für nachhaltige Entwicklung und Armutsbekämpfung dargestellt. Anil Shah kritisiert diese weitverbreitete Annahme aus theoretischer, historischer und empirischer Perspektive. Seine Arbeit bezieht sich auf marxistische Geldtheorie, feministische Ansätze sozialer Reproduktion sowie aktuelle Debatten zum Racial Capitalism, um den Aufstieg moderner Mikrokredite in Indien als Teil einer größeren Geschichte der Kolonisierung und ungleichen kapitalistischen Entwicklung zu begreifen und eine alternative Lesart zu entwerfen.
***Dr. Anil Shah ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Politikwissenschaft an der Universität Kassel
How To materialistisches Forschungsdesign: relationale Vergleiche, Regimeanalysen und Relational Policy Field Analysis
Methodendiskussion auf Basis der Arbeiten von Anne Engelhardt (Universität Göttingen), Janika Kuge (Universität Frankfurt) und Anil Shah (Universität Kassel)
Sprache: Deutsch
Moderation: Anne Engelhardt, Anil Shah, Janika Kuge (der Workshop wird von uns geleitet und abwechselnd moderiert)
Während unserer Forschungsarbeiten sind wir ständig über die Frage gestolpert, wie wir unsere Erhebungen jenseits von positivistischer Logik und reduktionistischen Systembaukästen analysieren. Bisher gibt es insbesondere im deutschsprachigen Raum außer der HMPA wenige methodische Anknüpfungspunkte für marxistisch-feministische Wissenschaftler*innen, wenn es darum geht, zu vergleichen, das Feld zu eruieren oder Qualitätskriterien für die eigene Forschung zu entwickeln. In diesem Workshop wollen wir mit euch darüber ins Gespräch kommen, wie es uns in unseren Arbeiten gelungen ist, ein kritisch-materialistisches Forschungsdesign anzulegen und bis zum Schluss zu verfolgen. Der Schwerpunkt liegt für uns dabei zum einen auf der Methode des "relationalen und eingebetteten Vergleichs" (Gallas 2023; Hart 2018; McMichael 1990), der materialistischen Regimeanalysen und zum anderen auf der Relational Policy Field Analysis (Kuge 2024; 2025). Dieser Workshop richtet sich an alle, die selbst noch in der Such- und Findungsphase sind, als auch alle, die sich gerne über kritische und reflexive Methoden austauschen.
Workshop 21: Transformationen in China und in den internationalen Beziehungen
Organisation: Kritisches China-Forum
Workshop 22:
Austausch zu institutionellen Erfahrungen kritischer wissenschaftlicher Praxen
Organisation: Sonja Buckel / Ulrich Brand, evtl. andere
17:45 – 18:30 Pause
18:30 Uhr öffentliches Podium 3:
Aula der Uni Wien im Alten AKH (Campus)
Wissenschaft in Krisenzeiten: Konflikte, Strategien, Räume der Auseinandersetzung
Kritische Wissenschaft sieht sich vermehrt Angriffen ausgesetzt. Es scheint einen weltweiten Backlash gegen Wissenschaftler:innen zu geben, teilweise ist Wissenschaft selbst das Feindbild. Wie gehen wir als wissenschaftlich Arbeitende, tätig in verschiedenen Institutionen, mit den politischen Dynamiken um? Ob es sich um explizite Angriffe von außen handelt, etwa den Vorwurf des Antisemitismus, oder um Kämpfe in den Institutionen zur Durchsetzung bestimmter Sichtweisen und Abwertung oder sogar Ausgrenzung anderer: Was haben wir dem entgegenzusetzen? Inwiefern haben sich die Kontexte in den Institutionen in verschiedenen Ländern geändert? Welche politischen Angriffe gibt es, verbunden mit Fragen von Stellen und Budgets? Andererseits sind wir Teil der Institutionen –welche Erfahrungen von erfolgreichen institutionellen Kämpfen gibt es? Wie verbünden sich Forschende und Studierende in solchen Kämpfen?
Andreas Bieler, Uni Nottingham
Carolina Vestena, Uni Kassel
Peter Ullrich, TU Berlin
Moderation: Ulrich Brand, Uni Wien
Im Anschluss Abschlussparty "21 Jahre AkG"
Anmeldung & Teilnahme-Beitrag
Die Plätze für die Tagung sind limitiert. Wir bitten daher um eine rasche Anmeldung und Überweisung des TeilnehmerInnenbeitrags (bitte Referenz wie unten angeben). Wir bieten zwei abgestufte Teilnahmebeiträge an:
NormalverdienerInnen : 60,00 Euro
Ermäßigter Beitrag (gemäß Selbsteinschätzung): 30,00 Euro
Den TeilnehmerInnenbeitrag überweist bitte an:
Assoziation kritische Gesellschaftsforschung e.V.
GLS Gemeinschaftsbank Bochum
IBAN DE31 4306 0967 6006 9018 00
BIC GENODEM1GLS
Referenz: TM-Beitrag AKG Tagung Wien 2025